Alle Zeit der Welt | Bochum

So genau kann ich mich nicht mehr daran erin­nern, wie oder wann ich zum ersten Mal von Wolf­gang Welt gehört habe. Fakt ist, dass meine Eltern die Büch­er von ihm kan­nten und gele­sen haben, ich allerd­ings bis dato noch nicht. Vor kurzem habe ich im Netz etwas über ihn ent­deckt und mir daraufhin die Romantrilo­gie „Bud­dy Hol­ly auf der Wil­helmshöhe“ und den vierten Roman „Doris hil­ft“ besorgt, die bei­de bei Suhrkamp erschienen sind.

Während ich diesen Text schreibe, bin ich mit dem drit­ten Roman durch. Wer mich ken­nt, weiß, dass ich schon seit mein­er früh­esten Kind­heit, obwohl in Dort­mund aufgewach­sen, einen engen Bezug auch zu Bochum habe. So bin ich bspw. im Ruhrsta­dion ver­loren gegan­gen und genau in dem Moment aus­gerufen wor­den, als ein Tor für den VFL Bochum fiel.

Beim Lesen der besagten Büch­er kann ich trotz des Alter­sun­ter­schieds bei mir selb­st viele Par­al­le­len zu dem Leben des Wolf­gang Welt ent­deck­en. Das Aufwach­sen in ein­er alten Zechen­sied­lung, das Fußball­spie­len, die Liebe zur Lit­er­atur und Musik, Konz­erte, Kneipen­touren, Fre­undin­nen, Bekan­ntschaften und auch die schwieri­gen Phasen des Lebens.

Auf den Spuren des Schrift­stellers Wolf­gang Welt

Gestern habe ich dann mehr oder weniger spon­tan eine kleine Wolf­gang-Welt-Tour durch Bochum geplant und umge­set­zt. Auch auf­grund des außergewöhn­lich guten Wet­ters für Ende März. Los ging es vom Parkhaus Barop. Aus­ges­tat­tet mit einem Fiege-Bier, ein­er Kam­era und einem Notizbuch, um Stich­worte dieser Tour zu notieren. Während ich auf den Bus Rich­tung Dort­mund Ger­ma­nia wartete, lief auf meinen Kopfhör­ern „Peg­gy Sue“ von Bud­dy Hol­ly, die Anfangsse­quenz der Lan­gen Nacht über Wolf­gang Welt, die ich mir aber dann doch lieber für einen späteren Zeit­punkt auf­be­wahren wollte, wenn ich mit dem let­zten Roman von ihm durch bin.

Mit dem Bus an der Hal­testelle Oespel angekom­men, öffnete ich erst­mal das Fiege-Bier, um die Tour so authen­tisch wie möglich zu gestal­ten. Die S1 Rich­tung Bochum HBF dürfte auch Wolf­gang Welt unzäh­lige Male genom­men haben. Während die Anzeige in der S‑Bahn unun­ter­brochen „Näch­ster Halt Dort­mund Dorstfeld“ anzeigte, ging es über Kley, Lan­gen­dreer und Lan­gen­dreer West nach Bochum. Für eine große Tour hätte ich noch die Wil­helmshöhe mitgenom­men, entsch­ied mich aber für eine kleinere. Natür­lich habe ich vergessen, mein Zusatztick­et für Bochum zu stem­peln, und bin ab Lan­gen­dreer schwarzge­fahren.

Angekom­men am Bochumer HBF

Mein erster Stopp an diesem Nach­mit­tag sollte das Café Fer­di­nand sein, welch­es direkt nach der Straße benan­nt wurde und im Jahre 1982 noch eine Szenekneipe namens Granny’s Rock­café war. Ein wirk­lich schönes Café mit ein­er Menge Charme und ein­er net­ten Bedi­enung. Sehr zu empfehlen. Die Musik war mit älterem Pop und 60er-Soul sehr entspan­nt und passte zu diesem son­ni­gen Fre­ita­gnach­mit­tag.

Nach 1–2 schö­nen, großen, gezapften Fiege-Pils ging es dann weit­er zum Ubu-Anti­quar­i­at für ein kurzes Pläuschchen mit Wolf­gang Jöst, der diesen Laden schon seit den 80er Jahren führt und in dem sich die Büch­er mit­tler­weile bis an die Decke stapeln. Hier ist auch Herr Welt ein und aus­ge­gan­gen. Wer das eine oder andere Schätzchen sucht, wird hier mit Sicher­heit fündig und bekommt vom Inhab­er zusät­zlich noch eine gute Beratung.

Weit­er führte es mich dann über die Oskar-Hoff­mann-Straße in Rich­tung Schaus­piel­haus, in dem Wolf­gang Welt als Nacht­porti­er arbeit­ete. Von da aus zog es mich dann Rich­tung Bermuda3eck in dem auch ich schon des Öfteren ver­schollen zu sein schien. Ges­tran­det im Tuchol­sky, an dem an ein­er Scheibe der Spruch „Es geht nir­gends merk­würdi­ger zu als auf der Welt.“ von Kurt Tuchol­sky geschrieben ste­ht, der in Anbe­tra­cht dieser Tour auch eine gewisse Dop­peldeutigkeit besitzt, wurde es mal wieder Zeit für 2–3 gepflegte Fiege Pils aus dem Zapfhahn.

2–3 Pils später…

Als Näch­stes wollte ich ins Café Konkret, bin dann dort auf­grund der Uhrzeit allerd­ings nur vor­beige­gan­gen, um an meinem let­zten Stopp, der Buch­hand­lung Janssen, noch etwas stöbern zu kön­nen. Diese beste­ht mit­tler­weile seit über 50 Jahren. Wenn man einen Faible für die Lit­er­atur hat, ist diese Buch­hand­lung auf­grund der außergewöhn­lichen und umfan­gre­ichen Auswahl eine unbe­d­ingte Empfehlung.

An dieser Stelle sollte meine Tour eigentlich enden. Es wäre allerd­ings keine Wolf­gang-Welt-Tour, ohne eine gewisse Spon­taneität an den Tag zu leg­en und noch in irgen­dein­er Pinte zu ver­sack­en. Es wurde dann nicht irgen­deine, son­dern die Pinte. Eine kleine, urtyp­is­che Kneipe mit­ten im Bermuda3eck. Hier gab es noch ein paar Pils, ein gutes Gespräch (Grüße an Mar­cel aus Hat­tin­gen) über alte Läden, in denen man war, Musik, Konz­erte, Büch­er etc. Mir wurde das Hat­tinger Sagen­buch von Dirk Son­der­mann ans Herz gelegt und ich habe mein­er­seits die Büch­er von Her­rn Welt emp­fohlen.

O‑Ton:

„Das notiere ich mir gle­ich mal, also Wels, wie der Fisch?“

„Welt, wie die Welt.“

„Ach so, Welt!“

Zurück ging es dann wieder zum HBF und von dort mit der S1 in Rich­tung Dort­mund. Zusam­men­fassend eine zwar kleine, aber feine (Foto-)Tour durch Bochums Teufels­dreieck, Lokalitäten und Umge­bung.

Für Infor­ma­tio­nen oder Anre­gun­gen schreibe gerne eine Mail an info@revierhund.de

Fotos: © Maks