Nino Sable – Zwis­chen Goth­ic-Rock und Art­work | Essen

Ursprünglich war der Gedanke, ein Inter­view mit der Band „Aeon Sable“ zu führen. Nino, der sich dankenswert­er­weise dazu bere­it erk­lärt hat, ist allerd­ings ein so viel­seit­iger Men­sch, dass sich daraus ein län­geres und schönes Gespräch ergeben hat, in dem wir zusät­zlich ihn und seine diversen Pro­jek­te beleucht­en.

Maks: Hal­lo Nino, es freut mich sehr, dass das Inter­view zus­tande kommt. Für sehr viele Leute inner­halb der Szene ist dein Name ein Begriff, da du durch deine Pro­jek­te schon ziem­lich bekan­nt bist. Aber für diejeni­gen, die dich und deine Musik nicht ken­nen, wäre es schön, wenn du ein biss­chen was über dich erzählen kön­ntest.

Nino: Ich habe lange Zeit im Aus­land ver­bracht. Von 5 bis 18 Jahren habe ich in Por­tu­gal gelebt. Und als ich zurück nach Deutsch­land kam – meine Eltern sind Deutsche und waren mit mir aus­ge­wan­dert –, habe ich Anschluss gesucht und habe ver­sucht, mich selb­st auszu­drück­en. Eine gute Meth­ode dafür war die Musik. Ich habe mit ver­schiede­nen Musikpro­jek­ten ange­fan­gen. Mein erstes Pro­jekt war Melan­cu­lia. Mit Gitarre und Gesang habe ich zuhause ganz herkömm­lich mit einem Mini-Disk-Recorder und einem kleinen Effek­t­gerät mein erstes Album zusam­menge­baut. Dieses Album wurde bei afmu­sic, das war ein Ver­lag aus Duis­burg, veröf­fentlicht und hat auch eingeschla­gen. Melan­cu­lia das war so Indie-Grunge.

Dann hat­te ich noch eine andere Band, Aeon Sable, die mehr Leute ken­nen. Derzeit haben wir europaweit gespielt. Mit Aeon Sable machen wir Goth­ic-Rock. Man nan­nte uns kurzzeit­ig auch die dritte Welle des Goth­ic-Rocks. Das war die Def­i­n­i­tion, die am besten zu uns passte. Ich habe das zusam­men mit dem Din-Tah Aeon, das ist ein Kumpel von mir, hier aus Essen, gemacht.

Ich glaube, die Mitte war dann der Goth­ic-Rock

Wie wir zum Goth­ic-Rock kamen, weiß ich nicht mehr genau. Ursprünglich kommt der Din eher aus dem Black-Met­al und ich aus dem Indie-Grunge-Alter­na­tive-Bere­ich. Ich glaube, die Mitte war dann der Goth­ic-Rock. Da haben wir jet­zt im Laufe der Jahre 7–8 Alben fer­tiggemacht. Alles DIY.

Wir haben in dieser Zeit auch ver­schiedene größere Pro­duk­tio­nen gehabt. Waren zeitweise auch bei Major-Labels wie Schu­bert Music und haben sehr viele Konz­erte gegeben. Dem Wave-Gotik-Tre­f­fen, Amphi Fes­ti­val in Köln, NCN, STELLA NOMINE, Cas­tle Par­ty in Polen, also diese ganzen großen Goth­ic-Fes­ti­vals haben wir gespielt.

Mit der Zeit habe ich mich etwas mehr auf Musikpro­duk­tion spezial­isiert und mache seit­dem auch Elek­tro-Pro­duk­tion, die ist aber nicht so gefes­tigt. Das geht manch­mal in Rich­tung EBM, manch­mal in Rich­tung Pop. Ich möchte da eine möglichst große Band­bre­ite darstellen von dem, was in mir schlum­mert. Da ich ursprünglich nur Sänger war, suchte ich immer gute Fun­da­mente, um auf neue Gesangsideen und Melo­di­en zu kom­men. Das ist so die musikalis­che Schiene. Daneben gibt es noch die nahezu pro­fes­sionelle Schiene, in der ich Medi­engestal­ter für Dig­i­tal- und Print­me­di­en bin und die Musik als reales, förder­fähiges Mit­tel nutze, um meine Ken­nt­nisse zu fes­ti­gen. Ein CI, also Cor­po­rate Iden­ti­ty, habe ich für die ver­schiede­nen Pro­jek­te geschrieben, die ich hat­te und habe, mir Gedanken darüber gemacht, wie man etwas pro­motet, und so weit­er.

Ich liebe Grafik und Gestal­tung

Maks: Da ich sel­ber aus der Grafik komme, inter­essiert mich dieser Bere­ich auch immer sehr. Dir liegt er auch sehr am Herzen, oder?

Nino: Ich liebe Grafik und Gestal­tung. Auch bin ich ein großer Fan von Adobe Illus­tra­tor und Vek­tor­grafiken. Man sieht, zumin­d­est wenn man sich mit dem Uni­ver­sum von Aeon Sable auseinan­der­set­zt, dass es zu jedem Album einen magis­chen Zirkel gibt, und inner­halb dieser existiert eine Mis­chung aus Magie und Math­e­matik. Das ist sehr schön designt. Es ist eine Pas­sion von mir, dass ich das Album noch ein­mal in ein­er Vek­tor­grafik als magis­chen Zirkel repräsen­tiere. Das dauert alles sehr lange und wird gemacht, wenn das Album fer­tig ist. Zuerst wurde die Musik gemacht, dann wur­den die Lyrics dafür geschrieben, diese wur­den dann einge­sun­gen. Von diesem Paket aus analysiere ich dann noch ein­mal in der Gänze, was haben wir denn hier über­haupt und wie lässt sich das grafisch repräsen­tieren, weil ich der Mei­n­ung bin, dass ein möglichst umfassendes Werk viel wertvoller ist.

Ich komme noch aus ein­er Zeit, in der ich Musik über Kopfhör­er im Schaukel­stuhl bei meinen Eltern gehört habe und mir dazu immer die CD-Cov­er in die Hand genom­men und über­legt habe: Wow, wie ste­ht das im Ver­bund mit der Musik? Was hat sich der Kün­stler dabei gedacht? Später habe ich her­aus­ge­fun­den, dass das tat­säch­lich oft in Auf­trag gegeben wurde. Das ist eine Sache, die bei uns aber immer aus ein­er Fed­er kommt. Ich mache die Musik zusam­men mit den ver­schiede­nen Co-Pro­duzen­ten oder Mit­pro­tag­o­nis­ten, aber am Ende gucke ich: Was gibt mir das, wie kann ich das grafisch umset­zen?

Das führt dann eben auch dazu, dass diese Videos etwas fet­ter wer­den

Wir haben auch sehr aufwendi­ge Musikvideos drehen lassen, aber immer auch ein biss­chen mit mein­er Regie. Ich habe ein Händ­chen für Leute und weiß so unge­fähr: Mit dem kön­nte es funk­tion­ieren, mit der Per­son kön­nte ich arbeit­en. Dann haben wir die einge­flo­gen und daraus sind eben diese großen Werke ent­standen.

Beispiel­sweise ist Visions ein aufwendi­ges Video gewor­den, welch­es wir hier im Ruhrge­bi­et gedreht haben. Dance­floor Satel­lite haben wir in Hongkong gedreht. Auch mit dem Kün­stler Dan­ny Ele­va­tor haben wir hier im Ruhrge­bi­et eins gemacht. Mir ist es immer wichtig, dass alle Parteien Spaß haben, dass es nicht darum geht, durchzubox­en, was ich mir vorstelle, aber trotz­dem zu liefern. Wenn ich mit einem Videografen zusam­me­nar­beite, sage ich: Brauchst du was? Wir haben Grafiken, wir haben für jeden Song eine Grafik, wir haben für das Album eine Grafik. Wenn du etwas brauchst, dann sag es mir, ich kann dir alles besor­gen. Das führt dann eben auch dazu, dass diese Videos etwas fet­ter wer­den und das mit einem kleineren Bud­get.

Foto: © Markus Felix

Foto: © Thomas Papen­breer (Mon­key­press)

Maks: Siehst du dich als Musik­er und Grafik­er eher als Auto­di­dakt, oder lernst du lieber über for­male Wege?

Nino: Ich habe das gel­ernt und tat­säch­lich eine Aus­bil­dung gemacht, beim Etec hier in Essen. Da ich zu dieser Zeit schon die Musikpro­jek­te hat­te, habe ich darüber nachgedacht, wie ich diese nach vorne brin­gen kann. Ich habe mir über­legt, dass ich in die Wer­bung gehen müsste. Bis dahin hat­te ich schon mehrmals mit Pho­to­shop und Illus­tra­tor gear­beit­et und fand daran große Freude. Und dann ist alles zusam­mengekom­men.

Ich helfe auch diversen Bands, hier im Pott zu starten

Als ich die Aus­bil­dung anf­ing, stand auch unser erstes Album mit Aeon Sable, Per Aspera ad Astra, an. Da habe ich gesagt: Wir müssen ein CI machen, wir brauchen ein Logo, welch­es wir auch immer ver­wen­den, und wir müssen dabei bleiben. Dann habe ich ursprünglich mal so etwas wie ein Tem­plate erstellt. Natür­lich wurde das Tem­plate im Laufe der Jahre immer mal ein biss­chen verän­dert, aber nicht so krass, dass es nicht mehr erkennbar ist. Das ist eine Sache, die ich bei vie­len Bands beobachte, dass die sagen: Heute bin ich das und mor­gen bin ich das.

Wenn man, sagen wir mal, Bands wie Metal­li­ca oder ähn­liche sieht, die seit Jahrzehn­ten dieses Logo haben und ein­fach dabei bleiben, ist das meines Eracht­ens total wichtig. Ich helfe auch diversen Bands, hier im Pott zu starten. Denen sage ich auch immer: Lasst euch ein geiles Logo machen, und zur Not gebt mir das, damit ihr etwas habt, mit dem ihr die näch­sten 20 Jahre auf Tour gehen kön­nt. Dass ihr immer ein gutes Presskit habt, welch­es ihr euren Koop­er­a­tionspart­nern geben kön­nt. Und achtet bei der Fotografie darauf, dass die Bilder hochau­flösend und in RGB und in CMYK vorhan­den sind. Das sind Sachen, die schon sehr pro­fes­sionell sind. Nach­dem ich die Aus­bil­dung gemacht habe, habe ich mich natür­lich auch auf andere Wege begeben. Aber dem Ganzen liegt eine pro­fes­sionelle Aus­bil­dung zugrunde.

Maks: Kannst du uns einen Abriss darüber geben, wie und wodurch du zur Musik gekom­men bist und was dich in deinem Werde­gang bee­in­flusst hat?

Nino: Ja, also es gibt da so eine Anek­dote. In Por­tu­gal auf der Grund­schule, als wir dann schreiben kon­nten, wurde mal die Frage gestellt, was wir später wer­den wollen. Ich schrieb dann hin, dass ich gerne Musik­er oder Schaus­piel­er wer­den möchte.

Ich habe immer Musik gemacht, weil ich Musik liebe

Maks: Für dich war das also schon sehr früh klar?

Nino: Ja, und die Musik hat in mein­er Fam­i­lie auch immer eine große Rolle gespielt. Mein Vater ist ein unheim­lich großer Metal­li­ca-Fan gewe­sen, also gab es immer Rock­musik auf die Ohren. Doro Pesch, Judas Priest, also alles, was irgend­wie Hardrock war, lief bei uns rauf und runter. Auch Jimi Hen­drix und sehr viel aus den 70ern. Alles noch aus Schel­lack, also Vinyl. Das hat mich schon geprägt. Als ich dann meinen eige­nen Kopf hat­te, bin ich im Stil ein biss­chen härter gewor­den und in den Death- und Black-Met­al-Bere­ich gegan­gen. Für mich ist das eine sehr kom­plexe Musik­form. Mit dem Stan­dard-Pop war ich immer ein biss­chen unter­fordert, zumin­d­est mit der Struk­tur. Mich hat Struk­tur immer sehr inter­essiert, und als ich dann nach Deutsch­land kam, habe ich in ver­schiede­nen Bands gespielt, als Sänger.

So viele Jugendliche in meinem Alter damals haben Musik gemacht, weil sie für andere cool sein woll­ten. Weil sie zum Beispiel ein schönes Mäd­chen abgreifen woll­ten. Ich habe immer Musik gemacht, weil ich Musik liebe. Und auch heute noch. Ich glaube, das war auch immer der Grund, weshalb ich ziem­lich früh meinen ganz eige­nen Pfad eingeschla­gen habe. Seit­dem habe ich auch immer Weg­be­gleit­er. So wie momen­tan der Din-Tah Aeon, der mich schon seit vielle­icht 15 Jahren begleit­et. Aber auch ganz viele andere, die zu mir kom­men, oder wir find­en uns irgend­wo im Inter­net. Und mit diesen ver­schiede­nen Kün­stlern arbeite ich. Eine Kün­st­lerin aus Athen, eine aus Ital­ien, eine aus der Slowakei und auch eine aus Deutsch­land. Ich kooperiere sehr gerne, weil ich, wie ich schon ein­gangs sagte, stets auf der Suche nach einem neuen, spiel­baren Unter­grund bin, den ich dann mit mein­er Stimme noch ein biss­chen verän­dern kann.

Man kon­nte nicht proben oder sich tre­f­fen

Maks: Wir haben vorhin auch schon mal kurz drüber gesprochen, dass es bei deinen ganzen Pro­jek­ten gar nicht so ein­fach ist, sich einen Überblick zu ver­schaf­fen. Wom­it beschäftigst du dich momen­tan, was hast du in let­zter Zeit auch außer­halb der Band Aeon Sable gemacht und was ist bei dir ger­ade in Pla­nung?

Nino: Also auss­chlaggebend ist tat­säch­lich die Coro­na-Zeit. Die hat alles ein biss­chen verän­dert. Auf ein­mal war es schwieriger, sich mit den Kumpels zu tre­f­fen und Musik zu machen. Da habe ich ange­fan­gen, mehr eigene Wege zu gehen, und habe Nino Sable ins Leben gerufen. Davor gab es eben Elek­tro-Pro­jek­te von mir und auch Melan­cu­lia gibt es noch, dieses Grundge‑Indie‑Projekt. Lange Zeit habe ich jet­zt an Nino Sable gear­beit­et. Das ist ein sehr bre­ites Spek­trum.

Deshalb glaube ich auch, dass es sehr schwierig ist für jeman­den, der nicht ich ist, den Überblick zu behal­ten. Es passiert ein­fach viel zu viel. Mal hat man einen Rock­song, mal einen Elek­trosong und mal einen Neo-Volk- oder Pop­song. Das ist total kom­pliziert. Ich suche eine Basis, worunter ich das alles veröf­fentlichen kann. Auch in eine gewisse Klei­dung zu steigen und dieser Typ zu sein oder jen­er, denn eigentlich bin ich ja alle. Deshalb ist Nino Sable eben ein Tut­ti Frut­ti, ein Obst­salat. Und dann, als die Pan­demie zu Ende war und es wieder Gigs gab, bin ich eine Zeit lang bei Aeon Sable eingestiegen, beziehungsweise auch wieder aktiv gewe­sen. Wir haben uns ja nie aufgelöst, aber man hat eben nichts gemacht. Man kon­nte nicht proben oder sich tre­f­fen. Es war ja so ziem­lich alles ver­boten und gefährlich.

Maks: Ich erin­nere mich …

Derzeit habe ich zwei Pro­jek­te auf dem Tisch

Nino: Derzeit habe ich auch ein biss­chen was im Pop-Bere­ich gemacht. Vor zwei Jahren habe ich mit Dos Asmund, das ist ein Kumpel aus Wup­per­tal, die Deutsch-EP gemacht. Das ist eigentlich ein echt cooles Album, beziehungsweise eine echt coole EP, hat aber kaum Anklang gefun­den, warum auch immer. Vielle­icht war das zu krass außer­halb der Szene, ich weiß es nicht genau. Aber ich finde, es ist eine sehr geile, radio­taugliche Pop-Num­mer.

Über die Coro­na-Zeit habe ich mir sehr viel an Mix­ing, Mas­ter­ing und Pro­duc­tion angeeignet, weil man eben immer alleine zu Hause war. Ich habe viele YouTube-Videos darüber geguckt, wie man einen guten Song alleine machen kann. Dadurch ist eben auch unheim­lich viel Elek­tro dazugekom­men. Ich arbeite sehr viel mit virtuellen Instru­menten, trotz der Tat­sache, dass ich natür­lich auch richtige analoge Instru­mente besitze, Bass, Gitarre, aber auch Syn­the­siz­er und Key­boards. Trotz­dem arbeite ich sehr, sehr gerne auch mit virtuellen Instru­menten.

Man kann mit the­o­retisch vier virtuellen Instru­menten und ver­schiede­nen Mod­u­la­tio­nen wun­der­bare Klangflächen erzeu­gen, die nie lang­weilig wer­den. Diese Fähigkeit finde ich total faszinierend. Auf dieser Basis sind dann in den let­zten Jahren ver­schiedene Koop­er­a­tio­nen im elek­tro­n­is­chen Bere­ich ent­standen. Derzeit habe ich zwei Pro­jek­te auf dem Tisch. Ein­mal ein Black­met­al-Album, was ich bish­er auch noch nicht gemacht habe. Mit einem Kumpel von mir, der schon immer ein Black­met­al-Album machen wollte, es aber nie hat. Er schickt mir die Spuren und ich mis­che das dann zusam­men. Irgend­wann die Tage gehe ich auch mal in den Prober­aum und kreis­che ein biss­chen was dazu ein. Das ist die eine Kiste.

Das ist eine Athener­in mit ein­er sehr schö­nen Stimme

Dann habe ich noch sehr aktuell ein Pro­jekt mit Cleopa­tra Kai­do. Das ist eine Athener­in mit ein­er sehr schö­nen Stimme. Wieder mit einem elek­tro­n­is­chen Fun­da­ment, bei dem ich meine Stimme allerd­ings ziem­lich zurückgenom­men habe, weil ich auch anderen Kün­stlern eben gerne eine Bühne gebe. Da bin ich eher mit der Pro­duk­tion und mit der Erstel­lung der Musik beauf­tragt, beziehungsweise ist das der Bere­ich, den ich jet­zt ger­ade am lieb­sten in dem Pro­jekt ein­nehme. Und auch eben natür­lich die ganze Pro­mo: Face­book, Web­site, Logo, Fotografie, blablabla, das muss ja auch alles abgedeckt wer­den. Das mache ich eben auch.

Maks: Wo du ger­ade von Athen sprichst: Das Album, welch­es du mit dem Athen­er Babis Nikou unter dem Namen Unwished gemacht hast, war sehr schön. Gibt es da noch eine Zusam­me­nar­beit beziehungsweise wird es noch etwas Neues von Unwished geben?

Nino: Ne, der Babis hat sich irgend­wie verkrochen. Also so ganz. Das ist sehr schade. Ich habe sehr gerne mit ihm zusam­mengear­beit­et und hat­te das auch eigentlich als ein länger­fristiges Pro­jekt anvisiert.

Maks: Das passiert ja auch manch­mal, dass der eine oder andere von der Bild­fläche ver­schwindet.

Nino: Ja, sehr schade. Er ist ein fabel­hafter Men­sch und ein wun­der­bar­er Gitar­rist. Die Entste­hungs­geschichte von Unwished ist tat­säch­lich so, dass ich im Urlaub in Athen war. Da ist er mir dann über den Weg gelaufen und wir haben uns eine Stunde unter­hal­ten.

Von 200 Songs bringe ich dann vielle­icht 20 raus

Am näch­sten Tag saß ich bei ihm und wir haben den Song Antichthon aufgenom­men. Dann bin ich zurück­ge­flo­gen und habe ihm ein paar von meinen Tracks, die ich eigentlich für Melan­cu­lia geschrieben hat­te, rübergeschickt, und er hat gesagt: Jo, cool, machen wir ein neues Album daraus.

Er hat dann die Instru­men­tierung verän­dert und wir haben im End­ef­fekt die Gesangslin­ien nochmal aufgenom­men. Meine ursprünglichen Gesangslin­ien sind das Fun­da­ment gewe­sen für dieses Unwished-Album, das ich allerd­ings auch wirk­lich wun­der­schön finde.

Maks: Es ist auch wirk­lich ein super Album. Das ist aber generell bei deinen Sachen so, dass man immer das Gefühl hat, das ganze Album ist ein run­des Ding. Da zieht sich ein rot­er Faden durch, obwohl viele Stile ver­wen­det wer­den und auch härtere und ruhigere Stücke. Häu­fig hat man Alben, von denen einem zwei, drei Lieder gefall­en und der Rest oft, wenn über­haupt, mit­telmäßig ist. Das hat man bei deinen Alben nicht.

Nino: Dazu muss ich sagen, dass wir, oder auch ich, unheim­lich viel in die Tonne klop­pen. Von 200 Songs bringe ich dann vielle­icht 20 raus. Von den Tracks, die releast wur­den, habe ich noch eine span­nende Anek­dote aus der Coro­na-Zeit. Zu der Zeit hat­te ich eine Telegram-Gruppe aufgemacht und habe dann andauernd die unveröf­fentlicht­en Tracks ein­fach da reingepackt. Mir war das egal. Ich wollte meinen Fre­un­den was schenken. Wenn ich jet­zt, sagen wir mal, Musikkon­sument gewe­sen wäre zu der Zeit und nicht Pro­duzent, dann hätte ich mich total darüber gefreut, dass es da so einen Typen gibt, der andauernd irgend­wie was Cooles, Neues rein­set­zt.

Das ist auch wieder so ein Mon­ster an Pro­jekt

Aber wie gesagt, bei den Alben, die wir dann auch tat­säch­lich auf CDs pressen lassen, ist es uns schon extrem wichtig, dass wir nicht nur zwei Chart­break­er haben, zwei Tracks, die supergeil sind, und alles andere ist irgen­dein Schrott, und haupt­sache irgend­was rausklop­pen, damit die Leute es kaufen. Unsere Sachen sollen schon Hand und Fuß haben, und es steckt dort eben auch unheim­lich viel Arbeit drin.

Ich habe ger­ade ganz vergessen zu sagen, dass ich auch an einem neuen Goth­ic-Rock-Album arbeite. Ich weiß allerd­ings noch nicht, unter welchem Namen ich das veröf­fentlichen werde. Das Album liegt seit einem Jahr bei einem Pro­duzen­ten rum und seit einem Jahr zeich­net meine Fre­undin dafür etwas. Das ist auch wieder so ein Mon­ster an Pro­jekt. Jeden Tag sitzt sie daran und zeich­net für dieses Album. Wenn es gepresst wird, möchte ich diesem kleinen Men­schen, der im Schaukel­stuhl sitzt und Vinyls hört, gerne wieder etwas zurück­geben. Und zwar möglichst ein schönes, gutes Musikalbum.

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Maks: Du sagtest ger­ade, sie zeich­net. Was macht sie denn genau, beziehungsweise mit welch­er Tech­nik macht sie das, dig­i­tal, oder zeich­net sie ana­log?

Nino: Das ist jet­zt dig­i­tal, sie zeich­net das am iPad. Das Album hat mit­tler­weile eine gewisse Anzahl an Tracks und sie hat sich über­legt, dass sie giftige Pflanzen dazu zeich­net. Sie macht das alles per Hand. Das sind auch auss­chließlich Schwarz-Weiß-Zeich­nun­gen, ver­gle­ich­bar mit Zeich­nun­gen aus einem Biolo­giebuch, also schon fast tech­nisch.

Maks: Gibt es denn ein Pro­jekt, ein Album oder einen einzel­nen Song, der dir ganz beson­ders in Erin­nerung geblieben ist, da er mit ein­er beson­deren Geschichte oder Anek­dote noch verknüpft ist?

From Witch­craft to Dev­il­try

Nino: Es ist plump, wenn ich sage alle, aber es steckt über­all Seele und Blut drin. Man macht ja nicht ein­fach nur einen Track, son­dern man macht einen Track, weil man etwas zu sagen hat. Zumin­d­est ist es bei mir der Fall. Und wenn die dann auf CD gepresst wer­den, ist es ganz wichtig, dass tat­säch­lich auch etwas dahin­ter­steckt. Es gibt zum Beispiel auf dem let­zten Album von Aeon Sable, dem Aenig­ma, welch­es schon sehr per­sön­lich gewor­den ist, den Track „From Witch­craft To Dev­il­try“. Da bin ich mit ein­er Per­son tat­säch­lich durch eine sehr schlechte Zeit gegan­gen. Das ist wirk­lich mein Leben gewe­sen. Es war sehr schwierig. Auch diese Wand­lung des Ichs mitzubekom­men. Das sind eben The­men, die man dann da ver­packt, also ich zumin­d­est.

Dieses Aeon Sable-Album ist ein total verträumtes Album, und ich frage mich manch­mal: Wow, wie habe ich mir das denn von der Seele geschürft? Da gel­ten dann keine herkömm­lichen Kon­ven­tio­nen von wegen AB, AB und mach einen Hit draus, son­dern der Song ist schön und das ist das Wichtig­ste. Nicht, der Song muss funk­tion­ieren, der Song muss ein Banger wer­den, der Song muss sich verkaufen. Das hat man natür­lich im Hin­terkopf und ist auch Erfahrung. Es wäre kein Prob­lem, einen Hit zu schreiben, aber ich glaube, es geht mir per­sön­lich immer mehr darum, eine Aus­sage zu haben, als irgend­was zu machen, was Geld abwirft.

Maks: Du schreib­st auch Lyrics. Kannst du uns da einen kleinen Ein­blick in deinen Schreibprozess geben, wie der bei dir aussieht? Ver­ar­beitest du da viele Sachen oder nutzt du auch die Spon­taneität, und wie find­est du Inspi­ra­tion?

Dann ist man genau am Herzen und an der Seele

Nino: Das ist so, ich gehe durchs Leben und samm­le. Dann baue ich irgend­wann etwas und fange mit einem Beat an. Der Prozess ist immer so, dass ich eine Drum­line oder einen ganz ein­fachen Bass­lauf und dann dazu die Drums mache. Wenn ich die Drums und den Bass habe, dann gehe ich rüber in den Gitar­ren- bzw. den Syn­thie-Bere­ich und erstelle erst­mal ein sehr schönes Kon­strukt. Wenn dieses fer­tig ist, dann frage ich den Song: Wer bist du? Was hast du? Wo kommst du her und wo willst du hin? Dann geht das wirk­lich sehr, sehr schnell.

Ich fange an, ein­fach nur Wörter zu schreiben, die mir dazu ein­fall­en. Am besten ist es, wenn man gar nicht darüber nach­denkt, denn dann ist man am Äther. Dann ist man genau am Herzen und an der Seele. Und diesen Wörtern füge ich dann weit­ere hinzu, bis zu voll­ständi­gen Sätzen. Am Ende denke ich natür­lich auch noch ein biss­chen darüber nach, wie man diese in eine sin­nvolle Anord­nung bringt. Eventuell nen­nt man das auch Tal­ent oder ähn­lich, keine Ahnung. Mir fällt das sehr leicht. Vielle­icht sind meine Songs auch alle total scheiße. Ich weiß es nicht.

Maks: Nee, das glaube ich eher nicht, oder ich habe einen sehr, sehr schlecht­en Musikgeschmack.

Nino: Ich habe auch nie geguckt, wie andere das machen. Natür­lich habe ich in mein­er Ver­gan­gen­heit sehr viel Musik gehört, aber ich habe nie gedacht: So einen Song will ich auch mal schreiben. Und aha, Nick Cave hat das so und so gemacht, diese Struk­tur übernehme ich jet­zt. Also nee, nie, nie, nie. Meine Tracks sind immer from the scratch und am besten sind die Tracks, die ich in fünf Minuten schreibe.

Ich mache Musik, um die Men­schen zum Träu­men zu bewe­gen

Maks: Also ein­fach aus dem Bauch her­aus. Mit ein­er Spon­tan­ität. Vielle­icht hat das auch etwas damit zu tun, nicht ins Grü­beln zu kom­men oder die Sachen völ­lig zu zer­legen.

Nino: Genau, ja. Dieses Over­think­ing ist total fehl am Platz. Dafür gibt es Math­e­matik, Philoso­phie und andere Fäch­er. Obwohl Philoso­phie auch schon ganz gut ist.

Maks: Ihr gebt sel­ber auf eur­er Home­page von Aeon Sable an, dass eure Musik von so ein­er gewis­sen Eso­terik oder Spir­i­tu­al­ität geprägt ist. Das sind ja auch Begriffe, die in unser­er Gesellschaft häu­fig etwas neg­a­tiv belastet sind. Zudem gibt es aber auch viele Leute, die sich ger­ade in dieser tech­nis­chen, durchge­tak­teten Welt zu so etwas hinge­zo­gen fühlen. Wie siehst du das? Und wo liegen vielle­icht die Schnittmen­gen dieser schein­bar gegen­sät­zlichen Wel­ten?

Nino: Ich mache Musik, um die Men­schen zum Träu­men zu bewe­gen. Ein Exkurs fängt ja am besten recht weit ent­fer­nt von der Real­ität an. Anson­sten hat man nur die Real­ität. Dafür sind die Eso­terik und die Mys­tik meines Eracht­ens ein sehr guter Aus­flug­sort. Wenn man erst mal da ist oder war, dann ist man abge­holt wor­den und hat mal wirk­lich Freizeit gehabt von dieser berech­neten und kap­i­tal­is­tisch geprägten Welt. Ich glaube, dass das so ist. Ich denke, es ist wirk­lich essen­tiell, die Men­schen her­auszu­holen aus dem Hier und Jet­zt und in eine fabel­hafte Welt zu ent­führen, eine Welt, in der alles möglich ist, wo der Men­sch so sein darf, wie er oder sie ist.

Natür­lich haben wir auch The­men wie den Teufel, aber wenn man mal etwas genauer drüber nach­denkt, merkt man schnell, dass, wenn man in der göt­tlichen Ebene unter­wegs ist, es eben alles Göt­ter sind. Da ist es eigentlich egal, ob ein guter oder ein schlechter. Ich glaube, dieses Feld der Eso­terik ist super span­nend.

Da liegt schon eine gewisse Mys­tik im Raum

Ich bin kein Satanist, aber auch kein Christ. Vielle­icht nen­nt man so jeman­den einen Agnos­tik­er. Ich befasse mich sehr gerne mit vie­len The­men, zum Beispiel auch Sci­ence-Fic­tion. Derzeit lese ich sehr viel Stanisław Lem, Philipp K. Dick, Isaac Asi­mov und so weit­er und so fort. Das sind eben auch immer Bere­iche, die den Men­schen abholen und ganz woan­ders hin ent­führen. Wenn man Kun­st macht, stellt sich die Frage: Was sucht der Rezip­i­ent in der Kun­st? Warum geht man ins The­ater? Warum geht man ins Kino? Man geht ja eigentlich hin, um mal etwas anderes zu erleben.

Dem­nach finde ich es per­sön­lich sehr schön, dass wir auch diese Art von Bühne bespie­len. Wenn man auf ein Konz­ert von uns kommt, dann gibt es zum Beispiel einen Geruch. Wir haben immer spezielle Räuch­er­stäbchen, die gibt es nicht an jed­er Ecke. Unsere Besuch­er kom­men in den Raum und denken: Oh, hier passiert jet­zt gle­ich etwas. Da liegt schon eine gewisse Mys­tik im Raum. Wir möcht­en die Men­schen dazu motivieren, sich auch in diese Abgründe hin­abzugeben, sich selb­st mal zu vergessen und zu tanzen. Ein­fach die Augen schließen und frei sein.

Das ist eine Sache, die in unser­er heuti­gen Zeit, in der Charts mit Songs von 34 Sekun­den geil sind, richtig schw­er zu find­en ist. Das habe ich mir mal auf die Fahne geschrieben. Ich möchte die Men­schen abholen und ich möchte sie auch ent­führen, aber nicht ins Verder­ben stoßen. Wenn das Konz­ert vor­bei ist, dann kom­men die Leute raus und sagen: Wow, krass, was habe ich ger­ade erlebt? Das ist schön, weil die Welt eben zu durchge­tak­tet ist. Jeden Moment klin­gelt das Handy oder man hat einen Ter­min.

Dazwis­chen ist fast gar nichts

Maks: Wie siehst du die aktuelle Entwick­lung der Dark­wave- und Goth­ic-Szene? Gibt es Verän­derun­gen, die dir aufge­fall­en sind, im Pos­i­tiv­en wie im Neg­a­tiv­en?

Nino: Ich bin kein Fre­und von Pos­i­tiv und Neg­a­tiv, aber Verän­derun­gen gibt es tat­säch­lich. Ich erin­nere mich noch an die dritte Welle des Goth­ic-Rocks. Da waren Gitar­ren und auch eine gewisse Härte wieder ange­sagt. Seit­dem gibt es einen großen Anstieg von Post-Punk. Der ist irgend­wann ent­standen und ist eine etwas andere Kiste. Er geht mehr in Rich­tung Zwei-Per­so­n­en-Kom­bos. Ein­er macht etwas am Syn­the­siz­er oder spielt Bass und der andere singt. Das ist eine Sache, die in dieser schwarzen bzw. Wave-Szene einen sehr großen Anklang gefun­den hat, sodass es auch Gitar­ren-Acts ein biss­chen ver­drängt hat. Mir ist auch aufge­fall­en, dass es so etwas wie einen Gap, also einen Freiraum, zwis­chen den alten Goth­ics, die Mitte/Ende 50 sind, und den ca. 18- bis 24-Jähri­gen gibt, die auch in diese Szene rein­find­en.

Dazwis­chen ist fast gar nichts. Das ist schon komisch. Es gibt kaum Leute, die in den 30ern sind. Das ist ganz span­nend zu beobacht­en. Aber neg­a­tiv und pos­i­tiv dazu kann ich eigentlich gar nichts sagen. Ich kann auch schlecht über die Werke ander­er Kün­stler urteilen, weil ich auch immer der Mei­n­ung bin, der­jenige hat sein oder diejenige hat ihr Bestes gegeben. Es ist ja eine freie Szene, eine freie Kul­tur, und da gibt es ja kein Gut oder Schlecht.

Foto: © Susanne Klak

Foto: © Susanne Klak

Maks: Klar, Kun­st hat let­z­tendlich auch immer etwas mit Sub­jek­tiv­ität zu tun. Es soll hier auch gar nicht darum gehen, über irgendwelche Bands zu urteilen.

Der Pott ist zwar sehr schön, aber auch sehr grau

Nino: Natür­lich gibt es auch vieles, was ich nicht ver­ste­he. Zum Beispiel Acts, die so ganz krass gehypt wer­den, Joy Divi­sion zum Beispiel. Wenn man da mal struk­turell als Musik­er range­ht, sagt man sich: Oh mein Gott, was ist das? Aber es hat eben auch seine Daseins­berech­ti­gung.

Das ist eigentlich ein sehr guter Punkt. Joy Divi­sion ist nichts Her­vor­ra­gen­des im Sinne von einem abso­lut genialen Meis­ter des Bass­es, der Gitarre, der Drums oder des Gesamtwerkes. Das ist eben der Zeit­geist. Ich glaube, es ist eben auch ganz wichtig, dass man das so sieht, dass der Zeit­geist auch immer sehr prä­gend ist.

Maks: Unser Blog beschäftigt sich mit The­men rund um den Ruhrpott. Du hast vorhin gesagt, dass du in Deutsch­land sowie in Por­tu­gal aufgewach­sen bist. Jet­zt bist du in Essen zuhause. Kannst du etwas darüber erzählen, welche Orte dich in dein­er Musik bee­in­flussen und inwieweit der Pott dabei eine Rolle spielt?

Nino: Der Pott hat natür­lich einen großen Impakt auf das, was ich tue. Wenn ich zum Beispiel nach Griechen­land gehe und Unwished mache, dann hat das Ganze ein anderes Fun­da­ment. Der Pott ist zwar sehr schön, aber auch sehr grau. Da gibt es schon einen Unter­schied zu Por­tu­gal oder Griechen­land. Ich liebe auch die Sonne. Wenn die Sonne nicht da ist, dann geht es mir richtig schlecht. Ich glaube, das ist auch ein Großteil des Fun­da­ments, auf dem ich baue. Hier im Pott sehe ich diese dreck­i­gen Städte, zumin­d­est ist Essen ziem­lich run­tergekom­men in den let­zten Jahren. Als ich hier­hin gezo­gen bin, war das eigentlich gar nicht so. Ich habe auch schon über­legt, ob es vielle­icht etwas mit mir zu tun hat.

Dann bin ich kurz mit meinem Surf­brett oder meinem Skim­board ins Meer gegan­gen

Wir hat­ten ja ein­gangs, ich weiß nicht, ob du da schon recordet hast, darüber gesprochen, dass unsere Vor­fahren unter Tage waren und eine düstere Musik hier sehr gut gedei­hen kann. Zum Beispiel die Band von Mille, Kreator, eine ziem­lich berühmte Trash-Met­al-Band, auch aus Essen. Hier ist mehr so der Schat­ten­tanz zuhause und andererorts vielle­icht eher die Lebenslust, zu der man tanzt. Zumin­d­est in mein­er Szene, in mein­er Bub­ble. Es gibt zum Beispiel auch eine schöne Band, die ich sehr mag. Sie nen­nen sich Isla Ola und kom­men auch aus dem Pott. Die Lyrics sind auch grau, grau, grau. Es tut mir leid, das zuzugeben, aber es ist so. Heute natür­lich nicht, da haben wir mal ein biss­chen schönes Wet­ter, aber es ist sehr oft grau, als ob eine Glaskup­pel über uns schwebt. Ich glaube, das ist der Nährbo­den hier.

Maks: Du meinst, daher kommt die immer etwas düstere, melan­cholis­che Stim­mung?

Nino: Ja, ich denke, es hat aber auch einiges damit zu tun, dass ich in Por­tu­gal am Strand gelebt habe und mor­gens früh geguckt habe, wie die Wellen sind, um vor der Schule noch 2–3 Wellen zu nehmen. Dann bin ich kurz mit meinem Surf­brett oder meinem Skim­board ins Meer gegan­gen. Das Wet­ter war geil. Und als ich im Novem­ber nach Deutsch­land zurück­gekom­men bin, stand ich am Flughafen in meinen kurzen Hosen und dachte mir: Wow, krass, wo bist du hier gelandet? Das kann auch ein biss­chen dazu beige­tra­gen haben. Ich denke mal schon, dass das ein ein­schnei­den­des Erleb­nis war.

Maks: Wo hast du denn da gelebt in Por­tu­gal?

Das ist so der Casus knack­sus

Nino: Im Nor­den, in Póvoa de Varz­im. Meine Jugend habe ich auch in Por­to ver­bracht, weil das die näch­st­größere Stadt war. Da habe ich viel von der Tech­no- und Rock-Zeit erlebt. Da gab es auch immer ein Fes­ti­val am Strand, zu dem irgendwelche Rock­bands kamen und umson­st spiel­ten. Ich glaube, das hat einiges mit mir gemacht, weil ich immer schon musikver­liebt war. Auch dieses Act­ing der Bands, die wirk­lich was zu sagen hat­ten, nicht dieses AB, AB und wir machen mal einen Hit, son­dern wir haben eine Mes­sage. Ich denke, das hat mich sehr geprägt, als ich dann zurück nach Deutsch­land kam, in diesen grau-grauen Pott. Das ist so der Casus knack­sus.

Maks: Por­to ist auch eine wirk­lich schöne Stadt. Ich war kurz vor Coro­na das erste Mal mit mein­er Frau dort. Wir hat­ten danach bei­de ein biss­chen das Gefühl, im falschen Land zu leben.

Nino: So schön, alles in Por­to. Du hast Sonne und Regen, ger­ade in Nord­por­tu­gal. Dort ist es im Früh­ling auch sehr grün und bunt. Du hast einen lan­gen Som­mer, der auch nicht zu heiß ist. Die 13 Jahre, die ich da ver­bracht habe, die waren schon schlaraf­fen­land­mäßig.

Maks: Wo siehst du dich eher, auf der Bühne, oder bas­telst du lieber im Stu­dio an dein­er Musik?

Nino: Ich finde bei­des schön. Die Stu­dioar­beit macht mir total viel Spaß, weil man sehr viele Werkzeuge hat, die man nutzen kann. Und live ist natür­lich immer eine Her­aus­forderung, das dann entsprechend zu per­for­men hat. Bei­des hat so seine Vorteile und ich mache es wirk­lich gerne. Vor dem Gig bin ich aber total aufgeregt, selb­st nach 70, 80 Konz­erten. Meine Mut­ti sagte immer: Wenn du eines Tages nicht mehr aufgeregt bist, soll­test du etwas anders machen.

Musik von Men­schen für Men­schen

Maks: Das ist ein weis­er Rat zum Abschluss. Hast du noch einige abschließende Worte, die du gerne loswer­den würdest?

Nino: Nee, außer wenn es da draußen Leute gibt, die das lesen, macht Musik und macht Musik ohne KI, das ist ganz wichtig. Musik von Men­schen für Men­schen. Klar kann man die KI benutzen, KI ist auch ein Riesen­the­ma für mich. Aber ich glaube, dieses Fass soll­ten wir nicht auf­machen, anson­sten sind wir nach fünf Stun­den noch nicht durch. Die Kun­st generell als einen Mech­a­nis­mus zu sehen, okay, ich bin jet­zt ger­ade gefrustet, lasse das ein­fach mal raus und ich schreie mal eben kurz einen Song ein. Damit tut man ein­fach keinem weh. Außer vielle­icht sich selb­st ein biss­chen. Solange man anderen Wesen damit nicht wehtut, denn dann ist das schlecht. Wenn man das so hält und dann besten­falls noch wahre Kun­st draus schafft, ist das eine super Trans­for­ma­tion von neg­a­tiv­er Energie.

Maks: Vie­len Dank, Nino, für dieses wun­der­bare Gespräch. Ich hoffe sehr, in Zukun­ft noch viel von dir, deinen neuen Pro­jek­ten und dein­er Musik zu hören.

Bild: © Nino Sable

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Titelbild/Foto: © EXCAELIS

Im Fol­gen­den noch einige Links zu Ninos Bands und Pro­jek­ten.

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